Aus der 6-monatiger Reise durch Skandinavien und dem Baltikum, welche ja nun der erste, wenn auch ungeplant ausgedehnte, Test des Fahrzeuges war, sind ein paar Dinge auf die To-Do-Liste gekommen.
Technisch funktionierte zwar nahezu alles zufriedenstellend, und doch gibt es ja immer etwas zu basteln.
Konzeptbedingt ist der Steyr mit seinen 180Ps nicht übermotorisiert, um die 10t Reisegewicht wirklich agil zu bewegen. Daher stieg das Interesse den Ist-Zustand, wie z.B. auch die Einspritzdüsen, einmal zu überprüfen, gerade da sich aus Erfahrungsberichten mehrfach zu erfahren war, dass diese nach über 30 Jahren oftmals nicht mehr innerhalb ihrer Sollwert liegen.
Der Motor startet bei unterschiedlichen Temperaturen gut und schnell, läuft stabil im Leerlauf und zeigt auch weiterhin keinerlei offensichtliche Wehwehchen.
Daher natürlich auch der Respekt, „irgendetwas kaputt zu reparieren“ und damit die zeitnahe Weiterfahrt in den Süden zu gefährden…was soll ich sagen, das Interesse war größer.
Wie es immer so ist, dauerte die auf 3 Tage angesetzte Lieferung der einzelnen Materialien dann doch 14 Tage, ob das nun am Norddeutschen Schneechaos lag, oder einfach nur Zufall war, weiß niemand.
Kupferdichtungen, Wärmeschutzhüllen und Einstellplättchen zur Anpassung des Öffnungsdruckes kamen dann 2 Tage vor geplanter Abfahrt.
Zwischendurch wurde die Werkbank vorbereitet:
Ein seit Jahren im Regal stehendes Ultraschallbad kam mit neuer Flüssigkeit wieder zum Einsatz und das Düsenabdrückgerät wurde mit einem zusätzlichen Adapter versehen, um den Druck in der Einspritzleitung mit Drucksensor und Datenlogger aufzuzeichnen – in der Theorie war schonmal alles klar.
Fahrerhaus gekippt und den Injektor von Zylinder 1 entnommen – zack hier flutschte es noch.
Für die Interessierten:
- Überwurfmutter Einspritzleitung SW19 lösen
- 2x Mutter mit SW13 für die Spannpratze
- SW12 für Hohlschraube der Leckölleitung.
- nachdem alles vom Injektor entfernt ist, diesen nach heraus ziehen
Der Injektor war etwas dreckig und rostig von außen, die Düsenspitze ziemlich russig. Sah undramatisch aus.
Als erstes gab es eine „Eingangsmessung“: 210 bar – das waren 15bar weniger als die Sollvorgabe fordert (225 +/-2).
Also kam der Injektor in das aufgeheizte Ultraschallbad, sah danach schon deutlich ansehnlicher von außen aus, und kam erneut an das Prüfgerät: 210bar.
Zerlegen und die einzelnen Komponenten wieder ins Bad. Da die Hitzschutzhülse gut aussah, verblieb die Düse mit eben dieser im unteren Teil des Düsenhalters.
Die Leichtgängigkeit der Nadel im Düsenkörper wurde kontrolliert (Nadel muss durch Schwerkraft selbstständig in den Sitz gleiten). OK.
Durch das Zufügen von Einstellplättchen sollte der Öffnungsdruck nun auf den Sollwert angehoben werden. Es stand eine 0,05mm-Abstufung zur Verfügung.
Die Zugabe von 0,15mm brachte eine Erhöhung von 25bar auf 235bar. Etwas über das Ziel hinausgeschossen. Mit 0,10mm zeigte das Prüfgerät dann einen Druck von 226bar an. Passt!
Na dann noch schnell die anderen 5, läuft ja.
Zylinder 2 ließ sich schon nicht mehr so einfach aus dem Zylinderkopf ziehen, war von außen auch ähnlich verschmutzt und erfuhr genau die selbe Prozedur: 217bar nach dem Ultraschallbad, anschließend 226bar nach der Zugabe von 0,05mm.
Die Zugabe von 0,1mm ergab somit (bei mir) eine Druckerhöhung von 16bar. Bei der Abstufung der originalen Bosch-Einstellscheiben von 0,02mm sollte ein Einstellen in 3,2bar Schritten möglich sein, in Kombination mit den 0,05mm Plättchen sogar von 1,6bar.
Der dritte Injektor hatte dann keine Lust sich aus dem Injektorschacht ziehen zu lassen. Obwohl es schon spät am Abend war, konnte ich mir aus dem Freundeskreis prompt einen Gleithammer ausleihen, der oben auf den Anschluss der Einspritzleitung am Injektor befestigt wird. (M14x1,5mm)
Mit leichten axialen Schlägen hat der widerspenstige Injektor dann seinen Platz verlassen. Deutlicher Rostansatz erklärte das Festsitzen im Zylinderkopf.
Auch die weiteren 3 Injektoren liessen sich mit dem Werkzeug gut ausbauen, wiesen keine Beschädigungen an der Hitzeschutzhülse auf, die Nadeln liefen leicht und nach dem Einstellen hatten alle annähernd den geforderten Soll-Öffnungsdruck. Spritzbild und auch der „Schnarr-Test“ sahen jeweils gut aus.
Da lagen sie nun die 6 Patienten – fertig zum Wiedereinbau. Die verbauten Kupferscheiben wiesen eine Stärke von 1mm auf (1,5mm gibt es auch) und wurden somit durch neue 1mm Scheiben ersetzt.
Nur neue Gummidichtringe hatte ich nicht. Schade drum, denn diese sind genau dafür da, das Verdrecken der Injektorschächte zu vermeiden. Die alten, teilweise schon etwas erhärteten Ringe, wurden gereinigt und zum besseren Einbau in warmes Wasser gelegt, um etwas geschmeidiger zu sein. Dann die Injektorschächte gereinigt, die Injektoren etwas mit Diesel von außen eingerieben und inkl. Dichtscheibe wieder in die Köpfe gesetzt.
Die Schrauben der Spannpratze bekommen 20Nm, das Ansetzen der Leckölleitungen ist etwas fummelig und es empfiehlt sich hier auch Ersatz-Dichtringe (8mm) zur Hand zu haben.
Anschließender Motorstart war unproblematisch und das Aggregat lief sauber und rund. Puh – scheint geklappt zu haben…es war 3 Uhr nachts.
Die Injektoren lagen im Mittel bei 210 bar (mit einer Streubreite von 9bar) – keiner war vom Spritzbild auffällig.
Nach dem Einstellen liegen alle bei 225bar (+/-2bar) … ich bin zufrieden.
Eine Probefahrt am nächsten Tag bestätigte eine etwas geringere Einspritzmenge, wie durch den erhöhten (später erreichten) Öffnungsdruck zu erwarten.
Operation geglückt, auf zur nächsten Baustelle….aber erstmal in die Sonne.
Noch ein paar Teilenummern und Daten für die Steyr-Fahrer zusammen getragen:
(Vielen Danke auch an die vielen Infos aus dem Steyr-Forum)
- Anzugsmoment Spannpratze Injektor: 20Nm
- Anzugsmoment Düsenhalter 55Nm
- Einstellscheiben: 9,8 x 3,2 (für Bosch KBEL Halter)
Beispielsnummer BOSCH: 2 430 102 974 (1,74mm) - Dichtscheiben unter Injektor: 19x11mm
Stärke 1mm: 1614080082
Stärke 1,5mm: 1614080020 - Hitzeschutzhülse: 2 420 422 005 (Bosch-Nr.)
- Dichtring Injektorschacht: 1609 0700 80 / 18 mm DI, 3 mm stark
- Originaldüse Steyr 12M18: Bosch DLLA150S 1015 (4-Loch)
- Solldruck bei gelaufenen Düsen: 225 +/-2bar
- Solldruck bei neuen Düsen 235 +/- 2bar
- Dichtringe Leckölleitung (8mm)
Die Liste darf gern mit Bezugsquellen und Vergleichsnummern erweitert und bei Bedarf korrigiert werden.